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Kontrollen beim Auswärtsspiel in Leverkusen – Vereinsliebe bis unter den BH

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Am Sonntagmorgen zeigten sich in den sozialen Medien einige Hannover-Fans entrüstet über die Kontrollen an der BayArena zum Spiel Bayer Leverkusen gegen Hannover 96. Weiblichen Gästefans sei direkt und ohne Vorankündigung unter den BH gefasst worden, andere berichteten, dass ihnen in den Schritt gegriffen wurde. Auf Nachfrage sei die Erklärung „wegen Pyro“ gekommen, wie bei Twitter und später im Mailaustausch erklärt wurde.

Auch Frauke, 21, war zum Auswärtsspiel der Hannoveraner nach Leverkusen gereist und fand sich zunächst im ganz normalen Gästefans-Alltag wieder. „Die Kontrollen dauerten lange, sodass ich mich zunächst anstellen musste, um kontrolliert zu werden“, erklärte sie mir am Tag darauf. „Als ich schließlich an der Reihe war, erfolgte das übliche Prozedere. Tasche öffnen, Inhalt herausnehmen, Portemonnaie öffnen, Inhalt der Fächer zeigen. Auch die Schlüssel und das Handy wurden genau begutachtet.“

„Anschließend begann das Abtasten. Erst die Arme, dann der Oberkörper. Üblicherweise tasten die Ordnerinnen dabei nur die Konturen des Körpers ab; in Leverkusen ging man diesmal noch einen Schritt weiter“, fuhr Frauke fort. „Bevor ich wusste, wie mir geschah, griff die Ordnerin ohne Vorwarnung an der Stelle des Mittelstegs – also zwischen den Brüsten – unter den BH und tastete auch den Rest des Unterbrustbands genau ab.“

„Ich war nicht wirklich überrascht“, resümierte sie später. „Man kennt die strengen Kontrollen für Gästefans; vor drei Jahren mussten die Frankfurterinnen sich vorm selben Stadion in eigens errichteten Zelten sogar fast komplett entblößen. Dennoch geht die BH-Kontrolle aus meiner Sicht einen Schritt zu weit. Es gibt kaum ein unangenehmeres Gefühl, als sich von Fremden an den intimsten Stellen des Körpers abtasten zu lassen – und das alles nur, weil vermutet wird, dass irgendjemand Aufkleber oder Pyrotechnik mit ins Stadion schmuggeln könnte.“

„Anschließend wurden Bauch, Rücken, Beine, sogar die Gesäßtaschen von vorne und hinten abgetastet. Kaum eine Stelle meines Körpers wurde dabei ausgelassen. Später im Block erfuhr ich, dass auch die BHs anderer Frauen kontrolliert worden waren“, schloss Frauke.

Eine 21-Jährige will Hannover 96 im Stadion anfeuern und wird nach eigenen Angaben bis unter den BH gefilzt. Eigentlich eine Unvorstellbarkeit, die auch Ralf Ziewer, Sicherheits- und Stadionverbotsbeauftragter von Bayer Leverkusen, so in keinster Weise stehen lassen will. Auf meine Mailanfrage von Sonntagvormittag bekam ich bereits am Montagmittag eine klare Antwort: Man habe „alle in diesem Bereich eingesetzten Ordnerinnen und Führungskräfte mit den Vorwürfen konfrontiert“ und weise sie – „insbesondere nach Rücksprache mit den 3 weiblichen Mitarbeiterinnen“ – ganz „entschieden zurück.“

Auch den Absatz der nachvollziehbaren Stellungnahme schickte Herr Ziewer direkt mit: „Zur Einlassphase hatte Herr ….. die Personenkontrolle unter Beobachtung und im direkten Umfeld kam es zu keinerlei Beschwerden oder Klagen diesbezüglich. Die Ausführung einer Personenkontrolle erfolgt immer mit einer deutlichen Anweisung, wie z.B.: ‚Schönen guten Tag, ich führe eine Personenkontrolle durch, könnten Sie bitte Ihre Jacke öffnen.‘

Es wird kein Gast ungefragt oder unsittlich angefasst, besteht der akute Verdacht unzulässiger oder verbotener Gegenstände, ermöglicht der Container im [sic!] Gast eine Leibesvisitation, die aber auch nur mit einer Zustimmung durchgeführt werden kann.“

So weit sind die Regeln bekannt. Bezüglich der akuten Vorwürfe findet sich die folgende Aussage:

„Dass weibliche Gäste in den Schritt gefasst werden, kann höchsten beim Abtasten der Oberschenkel/Beine Innen&Aussen durch eine kurze unabsichtliche Berührung mit dem Handrücken erklärt werden, eine Kontrolle des Büstenhalter oder Brust wird nicht durchgeführt.“

Die Aussagen der betroffenen Fans stehen im Widerspruch zu den Aussagen des Sicherheitsbeauftragten. Frauke ist sich jedenfalls sicher: „Als Fußballfan steht man unter Generalverdacht und muss, wenn man denn ins Stadion möchte, anscheinend jede Art der Kontrolle über sich ergehen lassen.“

Written by laurareinkens

September 30, 2013 um 2:41 pm

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9 Antworten

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  1. Als ob die tausendfach „Schönen guten Tag, ich führe eine Personenkontrolle durch, könnten Sie bitte Ihre Jacke öffnen“ sagen. Unfassbar, das Ganze. Hoffentlich bleibt dies ein Einzelfall.

    The_R

    September 30, 2013 at 2:56 pm

  2. Was Kollege R. sagt.

    Außerdem habe ich letztes Jahr die Kontrolle beim Betreten des BayStadions auch schon als „3rd Base“ empfunden.

    der_tim

    September 30, 2013 at 3:08 pm

    • Nicht mal ins Kino eingeladen vorher? Menschenskinder, wo soll das nur alles hinführen…

      laurareinkens

      September 30, 2013 at 3:27 pm

  3. Ich kann das bestätigen, mir ist das gleiche passiert am Samstag. Schlimm genug dass das überhaupt passiert, aber richtig wütend bin ich erst darüber dass alles abgestritten wird und wahrscheinlich null Konsequenzen hat. Solche Ordner sollte man sofort rausschmeissen.

    Manu

    September 30, 2013 at 5:38 pm

  4. Das ist uns Leverkusenern neulich in Mainz nicht anders ergangen. In Holland wurde beim Test in arnheim sogar direkt auf die Brust gepackt. Sicherheit geht für mich allerdings in dem Fall vor und deswegen reg ich mich auch nicht so drüber auf.

    kyra

    Oktober 1, 2013 at 5:47 am

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  6. […] Thomas Reinscheid nominiert: Laura Reinkens: Kontrollen beim Auswärtsspiel in Leverkusen – Vereinsliebe bis unter den BH […]

  7. Sicherheit geht vor?! Was soll denn da im BH versteckt sein, was dich gefährden kann? Aber wenn der Herr Bundesinnenminister und der Herr Polizeigewerkschaftler sagen, dass alle Fußballfans halbe Terroristen sind, dann wird das schon stimmen, ne? Unfassbar, wie unreflektiert manche Leute sind…aber gut, wenn man normalerweise nur mit 20 anderen im Gästeblock steht, ist so ein Stadion voller Gewalttäter natürlich einschüchternd…

    Lennart

    Oktober 19, 2013 at 3:31 pm


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